Team Content Creation, 20. Juni 2022
Die Auseinandersetzung von neuen Arbeitsmodellen und Ideen zur Arbeitsgestaltung der Zukunft ist für uns ein ständiges Thema. Im folgenden setzen wir uns damit auseinander welchen Einfluss die Ansätze aus dem Buch «New Work New Culture» von Frithjof Bergmann auf Vergütungssysteme haben können.
New Work forciert eine komplett neue Arbeitsphilosophie als die bisher bekannte. Bergmanns Idee vom Ende der Ausbeutung des Arbeitnehmers fand Eintritt in die Arbeitswelt, nicht zuletzt u. a. durch rasante technologische Entwicklungen, die weitgehend Arbeit automatisieren, den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel. Zudem ist der Bewusstseinswandel der Generationen Y und Z in Richtung Nachhaltigkeit und Purpose-Job ein wesentlicher Treiber auf dem Markt.
Unternehmen haben deshalb verstanden: Das Zentrum ist der Arbeitnehmer, seine individuellen Bedürfnisse und seine Lebenszeit, die er sinnvoll verbringen soll, um die allgemeine Produktivität zu steigern. Hierarchische Strukturen sollten bei mitarbeiterzentrierten Arbeitsmodellen abgebaut werden. Die Führung wird zum empathischen Coach, der eine wechselseitige Vertrauenskultur aufbaut. Flexibilität, Work-Life-Balance, Eigenverantwortlichkeit und Teilhabe formen Unternehmenskultur und den damit einhergehenden Erfolg. Wie zahlreiche Studien belegen, ist Unternehmenskultur nämlich einer der Schlüsselfaktoren für Erfolg.
Organisationen müssen daher viele konventionelle Grundkonzepte überdenken und restrukturieren. Dazu gehört auch die Vergütung. Denn ist die Zeit früher ein wesentlicher Faktor für die Entlohnung der Arbeit gewesen, wird die Arbeitszeiterfassung im New Work Alltag flexible Anpassungen benötigen. Der Fokus liegt dann mehr auf dem Ergebnis und weniger auf dem Arbeitsprozess.
Die Erfassung der Arbeitszeit: Kontrollsystem der Arbeitsleistung
Das klassische Konzept der Arbeit bestand in der Vergangenheit für den Grossteil der Menschen darin, einen Arbeitsplatz zu haben, in dem man vom Chef Aufgaben aufgetragen bekommt. Doch nicht die Aufgaben, sondern die Zeit im Büro wurde ins Verhältnis zur Vergütung gesetzt. Arbeitszeit stand also am Ende des Monats auf dem Lohnzettel, woran auch die Leistung des Arbeitnehmers gemessen wurde. Hierzu wurden verschiedene Zeiterfassungssysteme, wie bspw. die Stempeluhr oder Online-Zeiterfassung, entwickelt, damit Arbeitszeit entsprechend erfasst und hinsichtlich des geltenden Arbeitsrechts auch gesetzeskonform nachvollzogen wurde.
Das bedeutet: War der Mitarbeiter vor Ort, wusste der Chef, dass an den aufgetragenen Aufgaben gearbeitet wird. Die Zeiterfassung war und ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs also das Kontrollsystem für die Leistung. Faktoren wie Ausbildung, Erfahrung, Position etc. spielen zur Festsetzung des Gehalts eine zusätzliche Rolle.
New Pay Vergütungssystem und seine Merkmale
Betrachten wir nun die Veränderungen, die New Work durch orts- und zeitunabhängige Arbeit herbeiführte, lässt sich schnell erkennen, dass diese konventionellen Zeiterfassungsmodelle eventuell in Konflikt mit der New Work'schen Selbstbestimmtheit geraten könnten. Denn bei New Work heisst es: Kontrolle ist gut, doch Vertrauen ist besser.
Und dennoch können Zeitefassungssysteme vor allem Arbeitnehmern dabei helfen, im Chaos zwischen Privatleben und Arbeit eine klare Struktur zu finden, um nicht auszubrennen und diszipliniert den Work-Flow zu verbessern.
Wird also der Kontrollbegriff in diesem Kontext neu definiert, müssen New Pay Vergütungssysteme an folgenden Aspekten ausgerichtet werden:
Flexibilität & Selbstverantwortung
Mitarbeiter verbinden ihre Arbeits- und Lebenszeit eigenbestimmt und benötigen dazu enorm viel Flexibilität. Denn wie Benjamin Franklin schon sagte: «Zeit ist Geld». Die Freizeit wird somit Teil der Arbeitszeit genauso wie die Wahlfreiheit, und gehört mit zur Vergütung dazu. Die Gehälter können selbst festgesetzt, wobei Gefälle abgebaut werden. Die Orientierungspunkte für die Gehaltsfindung gestalten sich durch Motivation, Nachhaltigkeit, Produktivität und Personalentwicklung.
Wir-Mentalität & Fairness
Unternehmen müssen mit vielen Einflüssen und Änderungen rechnen, um sie individuell anzupassen und dennoch eine faire Struktur beizubehalten. Prozesse sollten deshalb offen und nachvollziehbar gestaltet werden, mit flexiblen Systemen. Bei jeder Änderungen steht ausserdem das «Wir» im Vordergrund. Es sollten Anreize geboten werden, die den Unternehmenszielen und der Community dienen.
Permanent Beta & Transparenz
Die Mitgestaltung des Gehalts kann durch Offenheit und Transparenz zu einem starken Gefühl der Teilhabe bei den Mitarbeitern führen. Schliesslich müssen sie entscheiden, was ihnen die Arbeit und das Unternehmen wert sind. Und je mehr Teilhabe gefördert wird, desto homogener wird die Mannschaft und das Wachstum. Dabei ist besonders die Wandelbarkeit eine starke Fähigkeit in der VUCA-Welt.
Was sind die Vorteile eines New Pay Systems in Unternehmen?
✔ Mitarbeiter werden motiviert und stärker an das Unternehmen gebunden.
✔ Daraus ergibt sich eine höhere Leistungsbereitschaft mit Anstieg der Produktivität.
✔ Das System zielt auf Gerechtigkeit ab bei gleichzeitiger Steigerung der Diversität.
✔ Das Employer Branding wird nachhaltig verbessert.
Fazit für Unternehmen
In kleineren Unternehmen gibt es schon Anpassungen von New Pay Systemen verschiedenster Form und Ausrichtung. Bei der Implementierung müssen Faktoren wie Art der Tätigkeit, Team und Aufgabenbereich bedacht werden. Dazu muss zunächst mit einer anfänglichen Fehlerquote bei der Testung eines Modells gerechnet und vermutlich eine professionelle Begleitung im Bereich Change-Management und Arbeitsrecht hinzugezogen werden. Die Zielsetzung ist allerdings eine klare Richtlinie zur Ausarbeitung des passenden Vergütungsmodells. Betriebsräte sollten in diesen Prozess mit einbezogen werden, da sie die Bedürfnisse der Arbeitnehmer kennen und bei den Gestaltungsprozessen die vermittelnde Instanz darstellen.
New Pay ist besonders attraktiv für jüngere Generationen Y & Z, die viel Wert auf Unternehmenskultur und Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit legen. Die Führung sollte in Sachen Zeiterfassung den Begriff der Kontrolle neu definieren und diesen neuen Ansatz mit ihrem Führungsstil authentisch vorleben.